Kennen wir das nicht (fast) alle - unser Schützling kehrt nach einer ungenehmigten Hatz von Reh, Hase & Co völlig erschöpft zurück, die Zunge hängt ihm bis zu den Knien und er atmet schwer, trotz des ihm bevorstehenden "Donnerwetters" sieht er aber überglücklich aus und scheint fast zu grinsen. Dem ist tatsächlich so, der "Übeltäter" genoß quasi gerade ein "hormonelles Vollbad" und quillt über vor Glücksgefühlen.
Warum jagen Hunde überhaupt?
Während der Hatz schüttet der Oranismus Adrenalin, Dopamine und Cortisol aus und sorgt so für einen rauschähnlichen Zustand. Die übrige Umgebung wird gänzlich ausgeblendet, der Hund trägt praktisch Scheuklappen und bekommt einen "Tunnelblick" - den Hund jetzt noch verlässlich abzurufen gelingt in den wenigsten Fällen.
Daher ist wichtig, seinen Schützling ständig zu beobachten und seine Körpersprache richtig zu deuten, denn: Bevor die eigentliche Jagd beginnen kann, muss das Wild erstmal geortet werden - kein Hund jagd ohne Vorwarnung. In dieser Phase ist ein verlässliches Abrufen beim gut erzogenen Hund noch möglich.
Beispiel Reh: Die Tiere haben einen sehr empfindlichen Kreislauf, werden sie über einen längeren Zeitraum gehetzt kollabieren sie und das Herz versagt. In den
Wintermonaten ist die Situation noch prekärer: Die Kälte macht ihnen weniger aus aber die Nahrungsbeschaffung gestaltet sich schwierig. Wenig Futter ist gleichbedeutend mit wenig Energie - der
Kreislauf wird herunter gefahren, die Körpertemperatur um mehrere Grad abgesenkt, der Energie-Umsatz wird so bis auf 40% des eigentlichen Wertes reduziert. Wird das Reh in solch einer Situation
auch nur in eine kurze Hatz verwickelt, kann es zunächst vielleicht entkommen - die zusätzlich verbrauchte Energie aber wird es u.U. nicht mehr ausgleichen können und es stirbt kurze Zeit später
an Überanstrengung und verhungert. WIR bekommen das gar nicht mehr mit...
Handelt es dabei auch noch um eine tragende oder führende Ricke, stirbt auch noch der ungeborene oder sich selbst überlassene, hilflose Nachwuchs!
Links zum Thema
Streunende Hunde hetzen junges Reh zu Tode
Ruhr-Nachrichten August 2009
Wildernde Hunde jagen und reißen Rehe
WAZ März 2013
RP-online Juli 2012
TZ Dezember 2012
Trächtiges Reh von Hund gerissen
Münstersche Zeitung April 2012
Trotz reihenweiser gerissener Rehe: "Jagdpächter würden nie auf Hund schießen"
Rhein-Zeitung Juni 2012
N-Nachrichten August 2010
Wildernde Hunde reißen drei Schafe
animal-health-online November 2009
Aachener Zeitung März 2013
Badische Zeitung April 2013
Wildernder Hund richtet Blutbad an
Wochblatt Landshut Oktober 2012
Nach mehreren gerissenen Rehen fordern Förster und Jäger Hundebesitzer zu mehr Vorsicht auf
Badische Zeitung April 2013
Gefahr 1: Der "besoffene" Jäger
Gemeint ist hier nicht etwa der alkoholisierte Jagdpächter des Reviers, sondern vielmehr der Rausch des Hundes: Völlig "besoffenen" vom Jagdglück könnte er das Wild
in Richtung einer Strasse treiben und dort einen Verkehrsunfall verursachen. Neben der Gesundheit von Hund und Wild ist auch die der Verkehrsteilnehmer in Gefahr!
Gefahr 3: Parasiten
- Auwaldzecken -
Im Unterholz und Büschen ist die Gefahr sich Zecken einzufangen größer als auf den Wegen. Auwald-Zecken können die Babesiose übertragen. Mehr dazu hier "Zecke & Hund"
- Räude -
Die Räude-Milbe können bereits beim indirekten Kontakt vom Fuchs übertragen werden. Für den Fuchs endet eine Ansteckung tödlich. Mehr dazu hier "Sarcoptes - die Räude des Hundes"
- Fuchsbandwurm -
Der ca. 3 mm lange und 1 mm breite Fuchsbandwurm kann vom Rotfuchs oder dem Marderhund
übertragen werden. Für den Hund selbst stellt er kein Risiko dar, für Menschen aber kann er tödlich sein - er befällt unsere Leber, zerstört sie oder die Nieren und greift das Gehirn an.
Medikamentös ist ein Befall mit dem Fuchsbandwurm heute beim Menschen behandelbar - die Therapie muss jedoch zeitlebens fortgeführt werden.
- Staupe -
Staupe ist eine der gefährlichsten Virenerkrankungen bei Hunden und endet oftmals im Tod des
Tieres. Deutsche Hunde sind in der Regel gegen Staupe geimpft, doch die zunehmende "Impfmüdigkeit" in Deutschland stellt diesbezüglich ein Risiko dar.
Staupe wird durch Kontakt zu infizierten Tieren und Ausscheidungen (Urin, Kot, Nasensekret usw.) Übertragen.
Bei Füchsen, Mardern, Waschbären und Marderhunden taucht Staupe immer mal wieder auf...das Beschnuppern eines toten Tieres durch den Hund kann bereits
ausreichen!
Gefahr 2: Schwarzwild - das letzte verbliebene wehrhafte Wild unserer Wälder
Wildschweine leben versteckt im Dickkicht, sind meist nachts unterwegs und sind sehr scheu. Sie sehen schlecht, besitzen aber ein sehr gutes Gehör und eine
exzellente Nase - sie wissen, dass wir da sind und verschwinden blitzschnell noch ehe wir ihre Anwesenheit auch nur bemerken. Unter diesem Aspekt brauchen wir Menschen uns vor den Schwarzkittel
nicht zu fürchten.
Bei Hunden sieht die Sache anders aus. Unsere Vierbeiner stöbern liebend gerne durchs Unterholz, wo sie hinterm nächsten Busch auch schon mal auf ein Wildschwein
treffen könnten. Nun wird in den meisten Fällen noch immer nichts passieren, der Hund knurrt, die Sau macht ihr bekanntes fieses Geräusch und beide nehmen Reißaus. Vielleicht sind aber beide
keine "Feiglinge" und genau jetzt wäre für uns der richtige Zeitpunkt um in Panik zu geraten! Ein in die Enge getriebenes Wildschwein, egal ob Keiler oder Bache wird zu einem ernsthaften Problem
für jeden Hund.
Anmerkung: Zur Nachsuche auf verletzte Wildschweine eingesetzte Jagdhunde tragen zum Schutz Kevlar-Westen. Dieser Schutz hat schon seine Gründe...!
Besonders aggressiv bzw. verteidigungsbereit sind Wildschweine während der "Rausche" (Paarungszeit) und als Elterntiere.
Früher galten Rauschzeit von Oktober bis Januar, die Frischlinge kamen von Januar bis April. Durch zu warme Winter, falsche Bejagung und zu umfangreiches
Nahrungsangebot "rauschen" die Tiere heute aber das ganze Jahr über.
Gefahr 4: Verletzungen im Gelände
Während der Hatz durch unwegsames Gelände kann sich der Jäger vielfältige Verletzungen zuziehen, sei es durch Fehltritte im Unterholz oder durch wild wachsendes Geäst oder Dornenstreucher.
Im Normalfall kommen sie mit kleineren hautverletzzungen davon, aber auch die Gefahr schwerwiegender Verletzungen (z.B. Brüche) sind nicht auszuschließen.
Was kann ich als Hundehalter tun, um das Jagen meines Hundes zu unterbinden?
Es kommt nicht auf die Größe oder die Rasse an, in jedem Hund steckt ein Jäger - einzig das Ausmaß an der Lust zu jagen variiert je nach Individuum von "fast nicht
vorhanden" bis "stets bereit und immer die Nase im Wind".
Nun liegt es an uns Hundeführern, den beim eigenen Hund vorhandenen Jagdtrieb in "zivilisierte Bahnen" zu lenken und so beim Spaziergang jederzeit kontrolliert auf
ihn einwirken zu können. Je häufiger es unserem Schützling jedoch gelingt, seine "Passion" erfolgreich auszuleben, umso schwieriger wird es, ihm das (aus unserer Sicht) unerwünschte Verhalten
wieder abzugewöhnen:
Seinen Schützing stets beobachten
Permante Leinenführung
Einen "passionierten Jäger" nur noch an der Leine (aus)zuführen sollte keine Alternative sein! Ein Hund kann nur dann lernen was wir von ihm erwarten, wenn wir
einer entsprechenden Situation NICHT aus dem Weg gehen oder sie sogar heraufbeschwören bzw. provozieren.
Ein ständiger Auslauf an der Leine ist daher sogar kontraproduktiv!
Spannende Spaziergänge
Den täglichen Spaziergang abwechslungsreich und spannend gestalten ist eines der probatesten Mittel!
Ein Spaziergang auf immer der gleichen Strecke, auf der wir wort- und tatenlos daherschlendern ist für unseren vierbeinigen Gefährten schlichtweg totlangweilig - er
wird sich schnell nach interessanteren Tätigkeiten umschauen.
Nebenbei stärkt dies auch noch die Bindung zwischen Hund und Halter!
Spaziergang in der Gruppe
Gruppen-Spaziergänge erhöhen den Schwierigkeitsgrad erheblich. Unterhaltungen zwischen den Zweibeinern sind zwar anregend, gehen jedoch auf Kosten der Konzentration auf die vermeindlichen "Missetäter".
Die wiederum können sich in aller Ruhe gegenseitig "hochschaukeln" und nehmen schon den geringsten Anlasss um zum gemeinsamen Halali zu blasen - gegenseitig unwissend warum der "Kollege" denn überhaupt gerade durchgestartet ist. Und schon hat das gejagte Wild eine ganze Meute hinter sich herhetzen.
Beispiel:
Wir hatten schon mehrfach das Phänomen, dass beispielsweise Éowyn konzentriert in den Wald blickte. Dies wiederum blieb Livie nicht verborgen - "wenn Éowyn so stiert, muss da auch was sein" - Livie startet los, Éowyn hört sie durch´s Laub anrennen und startet ebenfalls durch, weitere Hunde folgen.
Die Folge: mehrere Hunde rennen wie bekloppt los und keiner von ihnen weiß eigentlich so genau warum! Gruppendynamik!!!
Was tun, wenn doch einmal Wild gerissen wurde?
1. Ruhe bewahren
Wir sollten nie vergessen: Hunde sind Beutegreifer, auch wenn wir das gerne vergessen. Sein Verhalten war zwar unerwünscht, letztlich aber völlig natürlich...und die Natur ist manchmal grausam!
2. Hund anleinen
Oft sind weitere Tiere in der Nähe. Handelt es sich beispielsweise um eine führende Ricke könnten die sich in der Nähe befindlichen Kitze anfangen zu schreien. Das könnte den Beutetrieb des Hundes neu entfachen.
Wenn es jedoch ein unbekannter Hund ist, nicht nähern. Er könnte annehmen, dass wir ihm die Beute streitig machen wollen
3. Zuständigen Pächter oder Polizei benachrichtigen
Das erfordert zwar, wenn es denn der eigene Hund war, einiges an Courage, aber es geht um schnelle Hilfe für das verletzte Tier, egal wie diese Hilfe auch immer aussehen mag!